Mittwoch, 6. Juli 2011

Entstehung von Vorurteilen

Jeder kennt sie, jeder war schon einmal mit ihnen konfrontiert. Sei es nur, dass schon mal über ein Vorurteil nachgedacht wurde. Vielleicht ist Dir auch schon eins rausgerutscht, ohne dass Du es wolltest?

In uns allen stecken Vorurteile. Das klingt zunächst einmal negativ. Das ist aber nur menschlich. Vorurteile sind Assoziationen über gewisse Personengruppen, ohne etwas Genaueres über einer bestimmten Person in dieser Gruppe zu wissen. Löst dieses vermeintliche Wissen ins uns eine Emotion aus, so sind wir bei Vorurteilen. Doch wie entstehen überhaupt Vorurteile? Diese Assoziationen werden in unserer Gesellschaft von mehreren Personen geteilt. So könnte zum Beispiel das Vorurteil lauten, „alte Menschen sind vergesslich und tollpatschig“. Um gegen solche Assoziationen anzukämpfen alte Menschen = vergesslich & tollpatschig müssten wir uns aus unseren gesellschaftlichen Strukturen lösen. Dies gestaltet sich allerdings nicht immer einfach. Denn das würde bedeuten, wir grenzen uns selbst aus einem Kreis aus, dem wir angehören wollen. Um diese Vorurteile abzuschaffen, muss die gesamte Gruppe polarisiert werden und das kann sich sehr schwierig gestalten. Denn Untersuchungen aus anderen Kulturen belegen, dass diese Vorurteile nicht in jeder Kultur gleich sind. So herrscht in China die Assoziation „alte Menschen = klug & weise“ und tatsächlich lassen sich Unterschiede älterer Menschen in Bezug auf ihrer Gedächtnisleistung in der asiatischen und der westlichen Kultur feststellen. Dies hängt damit zusammen, dass die Menschen, geprägt durch solche Vorurteile anders in ihrer Kultur agieren und daraus resultiert, dass ältere Menschen in der westlichen Kultur ihre Gedächtnisfunktion selbstständig zurückschrauben, da dieses Vorurteil wie eine sich selbsterfüllende Prophezeiung ist.

Der Nutzen von Vorurteilen

Als nächstes stellt sich doch die Frage, was bringen uns diese Vorurteile? Allerdings habe ich noch nicht einmal die Frage beantwortet, wie Vorurteile entstehen. Aber hätte ich die Frage schon im ersten Absatz beantwortet, worin bestünde dann die Motivation, den kompletten Artikel zu lesen? Zurück zum Thema.

Wir Menschen leben und identifizieren uns mit Vorurteilen, weil wir uns dadurch kennzeichnen und individualisieren, in dem wir klar machen, was wir mögen und was wir nicht mögen. Vorurteile dienen uns als Abkürzungen, Interpretationshilfen, Entscheidungs- und Verhaltenshilfen und vor allem helfen sie uns, schnell zu reagieren, wenn wir gestresst sind. In solchen Situationen ist es oft wichtig, schnell Entscheidungen treffen zu können. Darum bilden wir uns Vorurteile

Die Grundsatzüberlegung

Woraus bestehen Vorurteile? Wie wir bereits wissen, sind Vorurteile, geschaffen durch Wissen über bestimmte Personengruppen, die wir eigentlich nicht genau kennen. Dieses Wissen, sind Assoziationen über Gruppen, entstanden durch das erworbene Wissen über diese. Denn Wissen basiert auf Erfahrungen, die unsere Gesellschaft über die Jahrhunderte hinweg geprägt haben. Und warum sind Vorurteile meist negativ behaftet? Na ganz einfach. Wen interessiert schon die Nachricht: „Unserer Kanzlerin geht es heute gut.“? So ziemlich niemanden. Anders sieht es schon mit der Schlagzeile aus: „Die Kanzlerin ist ihrer Linie schon wieder nicht treu geblieben, und hat in Frankreich den Griechenlandhilfen zugestimmt.“? Negative Informationen bleiben uns einfach besser im Gedächtnis. Wie vielleicht schon erahnt werden kann, entstehen die meisten Vorurteile durch die Medien, wie hier zum Beispiel: Merkel = nachgiebig, oder noch bedeutender Politiker = nicht Meinungsfest. Schon haben wir eine Assoziation geschaffen, über Politiker, die nicht auf ihrer Meinung beharren und ihre Segel immer nur nach dem Wind richten.

Die erste Voraussetzung für ein Vorurteil ist also geschaffen. Gehen wir zurück und denken einmal darüber nach, was wir uns am leichtesten merken können. Wichtig ist also, dass wir uns bestimmte Gedanken leicht merken können. Welche Dinge sind das? An ein Plakat, welches entlang einer Straße, die wir passieren, dreißigmal aufgehängt wurde, werden wir uns später mit hoher Wahrscheinlichkeit daran erinnern können. Wie zum Beispiel das Vorurteil, dass Frauen nicht einparken können. So oft haben wir schon davon gehört, dass wir mit Frau + Auto gleich die These assoziieren, dass dieses Geschlecht nicht gut einparken kann.

Aber wie verhält es sich mit Flugzeugabstürzen? Warum glauben Menschen, oder anders formuliert, warum haben Menschen dieses Vorurteil, dass Flugzeuge so häufig abstürzen und deshalb ein unsicherer Verkehrsmittel ist? Es besteht also die Assoziation Flugzeug = unsicher. Und das, obwohl statistisch gesehen, Flugzeuge die sichersten Verkehrsmittel auf unserem Planeten sind. Unser Gehirn funktioniert hier wie ein Schwamm. Es nimmt regelrecht alles auf, was es an Reizen zugeflossen bekommt. Allerdings passiert nur ein geringer Anteil dieser Informationen den Gedächtnisfilter und gelangt in unser Langzeitgedächtnis. Wie bereits erwähnt, können das Informationen sein, die uns ständig wieder begegnen. Wie zum Beispiel der Duft einer Person, mit der wir immer wieder in Kontakt sind.

Allerdings bleiben uns auch Informationen im Gedächtnis, wie zum Beispiel ein Flugzeugabsturz, der eigentlich nicht so häufig vorkommen. Und doch haben wir den Eindruck, als würden sie beinahe täglich passieren. Unser Gehirn birgt die Fähigkeit, bestimmte Informationen, die selten vorkommen und mit einem negativen Ereignis in Verbindung stehen, in unserem Gedächtnis abzuspeichern. Dies hat den Vorteil, dass wir uns Gefahrensituationen leichter einprägen, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Früher war diese Funktion überlebenswichtig.

Kommen wir zum Ergebnis

Halten wir also fest und bleiben bei dem Beispiel, Flugzeuge = unsicher. So kommen wir zu dem Schluss, dass Nachrichten in den Medien über Flugzeugabstürze eher selten vorkommen, wir uns jedoch recht gut daran erinnern können. Da die Kombination aus Flugzeuge = relativ selten und der Absturz, als negatives Ereignis sich gut in unserem Assoziationsgedächtnis einbrennen kann, entsteht leicht der Eindruck, oder besser gesagt das Vorurteil, dass Flugzeuge unsichere Verkehrsmittel sind. Zusammenfassend kann man sagen, das häufige Verbindungen von Assoziationen, die eher selten sind, sich gut merken lassen. Dadurch werden diese Assoziationen verstärkt und alle Voraussetzungen für die Entstehung von Vorurteilen sind erfüllt.

Quelle: Kleine Einführung in das SchubladenDenken von Jens Förster

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