Dienstag, 5. Juli 2011

Wie das Schubladendenken unser Handeln bestimmt

In Bezug auf meinen letzten/ersten Artikel zum Thema Cultural Diversity Management, gehört auch – zugegebenermaßen – das Schubladendenken. Dieses Denken in Schubladen begegnet uns jeden Tag, auch wenn wir uns dem wahrscheinlich nicht sehr bewusst sind. Denn allein schon dieser Satz zeigt das Gesicht von Stereotypen. Anders ausgedrückt. Vorurteile und Stereotypen beeinflussen uns mehr, als uns eigentlich lieb ist.

Vorurteile

Zuerst müssen wir uns klarmachen, was ist eigentlich ein Vorurteil? Was ist ein Stereotyp? Und worin liegt der Unterschied? Das Vorurteile immer negativ behaftet sind, ist umstritten. Denn Vorurteile bewegen sich auf emotionaler Ebene. Genauer gesagt, sind Vorurteile durch Erwartung geprägte Urteile über eine Gruppe, also nicht über eine einzelne Person. Dass Emotionen sowohl negativ als auch positiv sein können, ist – so denke ich – unschwer zu erkennen. Als Beispiel können wir meine persönliche Abneigung gegenüber Faschisten und Antisemiten nehmen. Der Gedanke an solchen Menschen stößt bei mir auf pures Unverständnis. Dass diese Attitüde schon von klein auf in unsere Köpfe eingeprägt wird, lassen wir hier mal außen vor. Aber genau genommen, ist das erst einmal ein Vorurteil. Diese Abneigung findet statt, ohne dass ich etwas genauerer über eine einzelne Person weiß, die sich in diesem Metier bewegt. Es ist letztlich ein negatives Bild über Personen von Gruppen, mit denen ich nichts zu tun haben möchte. Häufig identifizieren wir uns über Dinge die wir mögen und die wir nicht mögen. Anders herum können diese Bilder von Gruppen auch positiv sein. Alte Menschen sind weise ist ein Vorurteil, welches sich nicht negativ einordnen lässt, mir das Schubladendenken aber enorm vereinfacht, ohne etwas Genaueres über eine bestimmte Person in einem hohen Alter zu wissen. Leider musste ich diesbezüglich auch schon andere Erfahrungen machen. Warum sich solche Vorurteile nicht so leicht beseitigen lassen, das klären wir später.

Stereotype

Kommen wir weg von den Vorurteilen zu den Stereotypen. Was ist ein Stereotyp? Stereotype bezeichnen das bloße Wissen über eine Gruppe von Menschen, unabhängig davon, ob dieses „Wissen“ richtig oder falsch ist. Dieses Wissen kann sowohl positive, neutrale oder negative Dinge beinhalten. Allerdings fehlt hier die Emotionskomponente. Mein Wissen darüber, dass Doktoren schlaue Köpfe sind, muss nicht zwingend richtig sein. Aber es lässt mich relativ kalt, ob bestimmte Akademiker mit Doktortitel ein höheres Wissen als alle anderen haben, oder eben nicht. Nehmen wir mal an, dem Stereotyp, dass Frauen nicht einparken können schenke ich keinen Glauben. Damit aus diesem Stereotyp ein Vorurteil wird, müsste ich dieser Aussage jetzt glauben. Diesen Punkt nennt man Stereotypakzeptanz. Halte ich diese Aussage darüber, dass Frauen unfähig sind einzuparken, plötzlich für wahr, würde dies auch eine emotionale Reaktion hervorrufen und demnach zu einem Vorurteil werden. Wahrscheinlich würde es in mir in dem Zeitpunkt, in dem die Frau mit ihrem Smart in einen Bushaltestellenplatz einparken will, ein gewisses Unbehagen auslösen. Ein Stereotyp ist also das Wissen über die Erwartungen gegenüber einer Gruppe, dem ein emotionsloser Gedanken gegenüber steht. Vorurteile dagegen sind emotionale, persönliche negative oder positive Urteile über bestimmte Gruppen.

Welchen Nutzen hat das für uns?

Wie schon bereits erwähnt, dienen Vorurteile der persönlichen Identifizierung. Man möchte sich von anderen Menschen abgrenzen und legt eigene Präferenzen dafür fest. Dazu gehört auch, dass man Zu- bzw. Abneigungen gegen gewisse Gruppen entwickelt, um seiner Persönlichkeit ein Gesicht zu geben.

Stereotype sind dazu da, um gewisse Entscheidungen schneller treffen zu können. Dieser Weg scheint in erster Sicht von Vorteil zu sein. Vor allem in Situationen, in denen schnell entschieden werden muss. Wie aber verhält es sich beispielsweise bei der Personalauswahl? Wenn ich eine Stelle im innerbetrieblichen Rechnungswesen zu besetzen habe, wähle ich zwischen zwei Bewerbern das männliche Wesen, weil in mir der Stereotyp herrschen könnte, dass Männer besser in Mathe sind als Frauen? Obwohl die Frau vielleicht bessere Qualifikationen hat? Da rutscht der Personaler schnell in den Tatbestand der Diskriminierung herein. Für das Image eines Unternehmens kann das verheerende Folgen haben. Dabei muss der Personalchef diese Entscheidung mit dem Hintergrund des Stereotyps nicht einmal bewusst getroffen haben. Vielleicht erschien ihm der männliche Bewerber in dem Moment sympathischer als die Frau, was allerdings auch mit der Assoziation „Männer= besser in Mathe als Frauen“ in Verbindung gebracht werden kann. Vorurteile und Stereotypen aktivieren sich in den meisten Fällen von alleine, ohne dass uns dies wirklich bewusst wird. Allerdings könnte es in dem Fall schon zu einer Fehlentscheidung gekommen sein.

Wie beseitige ich dieses Verhalten?

Grundsätzlich muss man sich erst einmal die Frage stellen, ist das überhaupt möglich? Ja, ist es. Allerdings gestaltet sich das schwieriger als vielleicht vermutet. Beispielsweise lassen sich Vorurteile nur sehr schwer unterdrücken. Wie wir bereits wissen, hängen Vorurteile eng mit Emotionen zusammen. Dass diese nur schwer kontrollierbar sind, weiß man mittlerweile aus der Emotionspsychologie. Das bloße Wissen darüber, dass Spinnen sehr tolle und nützliche Tiere sind, verleitet jemanden, der eine Spinnenphobie hat, auch nicht plötzlich dazu, einer dicken pelzigen Spinne den Rücken zu kraulen. Das ist ein Prozess, der einer langwierigen Desensibilisierung vorausgeht.

Und wie verhält es sich mit Stereotypen? Leider auch nicht anders. Da macht unser Gedächtnis uns einen Strich durch die Rechnung. Denn es funktioniert wie ein assoziativer Speicher. Männer = stark und athletisch, Frauen = kommunikativ und kreativ, sind Assoziationen, die, wenn sie sich einmal in unser Gedächtnis eingebrannt haben, so schnell nicht wieder zu entfernen sind. Dieser ausgeprägten Funktion sollten wir sehr dankbar sein, um gewisse Dinge wie unsere Pin-Nummer zum Beispiel nicht zu vergessen. Oder wenn wir an unsere engsten Freunde denken, fällt uns zu denen meist auch gleich das Geburtsdatum, oder die Straße ein, in der diese Person wohnt.

Irgendwo fällt mir auch gerade der Satz ein: „Je mehr wir versuchen, Stereotype und Vorurteile zu bekämpfen, umso weniger wird es uns gelingen“. Stellt man eine Verknüpfung zu unseren erlernten Emotionen und dem assoziativen Gedächtnis, scheint dieser Satz auch gar nicht so abwegig. Denn je mehr wir über eine Sache nachdenken, umso wahrscheinlicher ist es, dass es durch unseren Gedächtnisfilter hindurchkommt und sich irgendwo einnistet. Das bleibt bis hierhin aber nur Spekulation und Raum für Diskussionen.

Um jetzt wieder einen Bogen zum Diversity Management zu schlagen, gehört das Verringern von Vorurteilen und Stereotypisierungen auch zu den Aufgaben des Personaleres, was wahrlich kein Zuckerschlecken ist. Mein nächstes Ziel wäre demnach herauszustellen, mit welchen Strategien man gegen Vorurteile angehen kann, um aus dem Schubladendenken heraus gefährliche Vorurteile zu eliminieren und das Denken in Schubladen als eine Funktion zu sehen, die uns den Alltag und die Entscheidungsfindung erleichtern soll.

Quelle: Kleine Einführung in das SchubladenDenken von Jens Förster

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