Donnerstag, 21. Juli 2011

Fachchinesisch: Low-context vs. High-context-culture & monochron vs. polychron

Schaut man sich diesen Titel an, entstehen zu Recht schon mal Fragezeichen auf den Köpfen der Leser. Zumindest bei denen, die noch nicht von den Kulturdimensionen nach Hall gehört haben. In diesem Artikel soll es nun darum gehen. Mein Ziel ist es, Klarheit in dieses Kauderwelsch zu bringen.
In dem Buch Beyond Culture aus 1976 stellte Edward T. Hall die Kulturdimensionen Low-context und High-context-cultures vor. Später kamen dann noch die Dimensionen monochronistisches und polychronistisches Zeitverständis in dem Buch The Dance of Life: The Other Dimension of Time aus dem Jahr 1983 hinzu. Um das ganze abzurunden, werde ich wohl noch ein paar Worte über das Raumverständnis hinzufügen.

High-context vs. low-context culture
Kurz gesagt, zeigen diese Dimensionen die unterschiedlichen Entscheidungsverhalten im kulturellen Vergleich. Während high-context cultures mehr Hintergrundinformationen benötigen, um eine Entscheidung zu treffen, brauchen low-context cultures umso weniger. Dies macht sich in der Schnelligkeit der Entscheidungsfindung bemerkbar. Kulturen, die einen hohen Informationsgehalt benötigen, brauchen tendenziell mehr Zeit, um eine Entscheidung treffen zu können. Als Beispiel fallen mir da gerade die USA (low-context) und Deutschland (high-context) ein. Nehmen wir jetzt noch die damalige Fusion von Daimler und Crysler hinzu, könnte uns ein Grund für das Scheitern dieses Projektes klar werden. Aus meinem jetzigen Wissenstand ist das reine Spekulation, aber was passiert wohl, wenn Kulturen mit solchen Gegensätzen aufeinander treffen? Wie verläuft die Entscheidungsfindung? Nachdem die Managergehälter, die Standorte, Budgetgrenzen usw. usf. geklärt wurden? Meiner Meinung nach liegt die größte Schwierigkeit zwei Unternehmenskulturen zusammen zu bringen, in der unterschiedlichen kulturellen Ausprägung an sich. Ein Problem für viele Fusionen im unternehmerischen Kontext. Wenn jeder auf seinen Standpunkt beharrt, und nicht bereit ist, dem anderen zuzuhören, ja wenn die Denkweise des Anderen mit der Eigenen nicht konform ist, dann scheitern eben Beziehungen oder, wie in diesem Fall, Fusionierungen.

Monochronistisches vs. polychronistisches Zeitverständnis
Monochronistische Kulturen zeichnen sich derweil durch sequenzielles Handeln aus, während polychronistische Kulturen dazu neigen, mehrere Handlungen parallel zu bewältigen. Weiterhin zeichnen sich diese Dimensionen dadurch aus, wie wichtig eine Aufgabe für die eine oder andere Kultur zu sein scheint. Wie wir aus dem Kulturdimensionen-Modell von Hofstede bereits erkannt haben, gibt es Kulturen, die eine Aufgabe sozialen Beziehungen voranstellen (monochronistisch) und wiederrum Kulturen, denen die Beziehungen wichtiger sind, als die Aufgabe (polychronistisch). Doch wie geht man damit um? Interessant ist auch die Frage, was hält die eine Gruppe von der Anderen? Beispielsweise könnte die monochronistische Kultur von der Polychronistischen den Eindruck erwecken, sie würden chaotisch handeln und die eine Sache nicht zu Ende bringen. Und umgekehrt? Da könnte es so aussehen, dass die Monochronisten als engstirnig und unflexibel gelten.
Letztendlich erledigen alle ihre Aufgabe und es heißt nicht, dass die eine Gruppe effizienter arbeitet als die Andere. Nein, wichtig ist es bloß, die Wertevorstellung dieser Kulturen zu kennen. Polychronistische Kulturen beispielsweise bringt es recht wenig, ein Zeitlimit zu setzen, weil sie sich dadurch nicht unter Druck gesetzt fühlen. Vielmehr wäre es ein Ansatz, ihnen beizubringen, wie wichtig diese Aufgabe für das Bestehen des Unternehmens ist und dass sie deshalb unbedingt erledigt werden muss. Und wenn sie dabei noch ein soziales Umfeld haben, in dem sie sich wohlfühlen, ist das schon mehr als die halbe Miete.

Zum Raumverständnis
Womit hat es das nun wieder auf sich? Das Raumverständnis nach Hall beschreibt den „Wohlfühl-Abstand“ interagierender Personen. Wo eine Berührung normal erscheint, kann sie in anderen Kreisen als aufdringlich empfunden werden. Andersherum kann in manchen Kulturen ein zu großer Abstand als beleidigend und misstrauen gewertet werden. Diese Verhaltensmuster gilt es zu kennen und dann baut sich auch ein gewisses Verständnis auf, warum die Japaner den Körperkontakt meiden. Nicht, dass es zu 100% nachzuvollziehen wäre, dazu müsste jetzt zu weit in die Vergangenheit geschaut werden, aber zumindest kann dementsprechend reagiert werden. Und dann kapiert man auch, dass es den Anschein hat, ein Stück totes Fleisch in den Händen zu halten, wenn dem Südostasiaten plötzlich die Hand gereicht wird und dieser Widerwillen die Handlung erwidert. Weil er es einfach nicht kennt!

Welche Eigenarten sind euch noch bekannt?

Zumindest hoffe ich, ein wenig Helles in das Dunkel dieser Fachbegriffe gebracht zu haben. Und wenn das Ganze noch zum allgemeinen Verständnis und größerer Toleranz gegenüber anderen Kulturen beiträgt, na umso besser.

5 Kommentare:

  1. ich glaube irgendetwas haben sie da verwechselt bei ihrer definition?!

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    1. Ja meiner Meinung nach wurden die Definition von Low-contaxt und High-Context Kulturen direkt verwechselt. Eine High KOntext Kultur legt wenig Wert aus das gesprochenen Wort, das Erwähnen zahlreicher Details wird als negativ empfunden. Hier ist es wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen, deshalb auch "Hoher Kontext...". Hingehen ist es in der Kulturform mit "low Kontext" so, dass man generell nicht davon ausgeht, dass Informationen vorab bekannt sind und man sich deshalb verpflichtet fühlt sich präzise auszudrücken. Es ist also ein hohes Maß an Informationen in einer Aussage vorhanden.
      Dementsprechend ist Deutschland auch ein low Kontext Land und die Arabischen Länder bspweise besitzen die high context Kulturform.

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    2. Hallo, zwar kommt mein Statement etwas spät, aber besser als nie. Ich wollte mich noch einmal für die Berichtigung herzlich bedanken. Hier habe ich in der Tat etwas verwechselt. Vielem Dank!

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  2. Deutschland ist eine low-context-culture, genauso wie die USA.
    VR China wäre ein Beispiel für eine high-context-culture

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  3. Deutschland ist eine absolute low-context Kultur. Japan ist eine high-context Kultur.

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